Das Nikon AF-S Nikkor 300mm 1:4E PF ED VR im Test

Ein kompaktes und leichtes 300mm f4 Objektiv für Sport- und Naturfotografen zu entwickeln ist kein leichtes Unterfangen. Nikon hat sich dieser Aufgabe gestellt und mit Hilfe einer Phasen-Fresnel-Linse ein 14,7 Zentimeter langes und nur 755 Gramm wiegendes Teleobjektiv auf den Markt gebracht.

Nikon AF-S Nikkor 300 mm 1:4E PF ED VR
Murmeltier in den Alpen mit dem AF-S Nikkor 300mm 1:4E PF an einer Nikon D750

Wer die Wahl hat…
Mir ist es vermutlich wie vielen anderen Fotografen mit Interesse an der Wildlife-Fotografie ergangen, die ebenfalls bei der Betrachtung der üblich verdächtigen Objektive ins Grübeln gekommen sind. In der noch erschwinglichen Klasse geeigneter Kandidaten finden wir derzeit eine gute Auswahl von renommierten Herstellern wie beispielsweise:

  • Nikon AF-S 200-500 mm 1:5,6E ED VR
  • Sigma 150-600mm F5,0-6,3 DG OS HSM Contemporary
  • Sigma 150-600/5,0-6,3 DG OS HSM Sports
  • Tamron SP 150-600mm F/5-6.3 Di VC USD G2

Während Nikon bei seinem Zoom noch mit einer konstanten Öffnung von 5,6 punkten kann, wird es bei allen anderen Kandidaten am „langen“ Ende schon recht dunkel. Allerdings muss das mit modernen Kameras und deren ISO-Fähigkeiten kein großes Problem darstellen, denn weitaus unpraktischer sind Abmessungen und Gewicht der Telezooms. Diese Faktoren lassen sich nicht verändern und sind daher die Ursache, dass kaum jemand ein solches Objektiv einfach „nur so“ mit nimmt. Andererseits sind aufgrund der guten Stabilisatoren Aufnahmen ohne Stativ grundsätzlich möglich, aber wer möchte diese Geräte wirklich über vier oder fünf Stunden ohne Stativ nutzen?

Nikon 4/300mm PF an Nikon D750
Das Nikon 300mm PF ohne angesetzte Gegenlichtblende. Auch ohne Stativschelle kann es problemlos auf dem Stativ genutzt werden.

Das Nikon 300 mm 1:4E PF war also genau das Objektiv, auf das ich gewartet hatte, zumal sich die Brennweite mit dem TC-14 E III oder/und einer Crop-Kamera auf äquivalente 420mm/630mm erweitern lässt.

Theorie und Praxis
Oftmals unterscheiden sich Theorie und Praxis deutlich voneinander. So erwarte ich von einem „Goldring“ Nikkor mehr, als von einem einfachen Objektiv. Das fängt bei der Verarbeitung und der sogenannten Haptik an und muss sich bei Ausstattung und Bildqualität fortsetzen.

  • Das bei dem genannten Gewicht kein Metalltubus zu erwarten ist, sollte selbstverständlich sein. Nikon hat sich daher für ein Material aus dem Kunststoff Polycarbonat entschieden und dies macht nicht nur einen sehr robusten Eindruck, es ist auch so.
  • An eine Abdichtung am Metall-Bajonett gegen Spritzwasser wurde ebenfalls gedacht und der Autofokus arbeitet durch den eingebauten Ultraschallmotor leise und genau. So konnte ich mit dem Nikkor im Praxiseinsatz problemlos auch sich schnell bewegende Tiere verfolgen und immer in der Schärfeebene halten.
  • Der Fokusbereich lässt sich mit einem Schalter am Objektiv einschränken und ein manueller Eingriff ist jederzeit möglich.
  • Der Bildstabilisator wird mit bis zu 4,5 Lichtwertstufen durch Nikon beworben, da ich den VR sehr selten nutze, kann ich das nicht bestätigen. Neben dem „Normalmodus“ bietet das Objektiv noch den VR-Modus Sport. Dieser ermöglicht beim Mitziehen u.a. ein ruhiges Sucherbild- das funktioniert sehr gut.
  • Erwähnenswert ist der elektromagnetische Irisblendenmechanismus. Dieser sorgt für konstante und ausgezeichnete Belichtung der Bilder. Für mich stellt dieses Objektiv in dieser Beziehung die absolute Referenz dar.
  • Eine Gegenlichtblende gehört zum Lieferumfang.
  • Am Objektiv kann eine Stativschelle angebracht werden (Sonderzubehör), die aufgrund der Abmessungen und des Gewichtes des 300 PF nicht unbedingt notwendig ist.
4/300mm PF vs. 2,8/70-200mm VRII
Größenvergleich: Das Nikon 4/300mm PF neben dem Nikon 2,8/70-200mm VRII

Soweit passen Theorie und Praxis also zusammen. Wie steht es nun um die Bildqualität?

Bilderbuch
300mm können für Wildlife auch schon etwas kurz sein, es sei denn, die Tiere sind ein wenig an Menschen gewöhnt. Daher erst einmal einige Bilder ohne Telekonverter. Dem letzten Bild folgt ein 100% Ausschnitt.

  • Die Ergebnisse sind extrem gut. Schon mit Blende 4 zeigt sich in der Mitte die maximale Schärfe. Abblenden hebt nur noch die Schärfe der Bildränder und Ecken an.
  • Das Bokeh ist in der Regel gut bis sehr gut, bei bestimmten Motiven kann in seltenen Fällen der Vordergrund etwas harsch wirken.
  • Gegenlicht oder Streiflicht stellen kein Problem dar, der Kontrast sinkt moderat und kann in der Bildbearbeitung problemlos etwas nachgearbeitet werden.
  • Störungen durch die eingebaute Fresnel-Linse habe ich bei den Bildergebnissen bisher noch nicht bemerken können, Nikon stellt aber für solche Fälle ein Tool bereit.
    Mir ist aber ein Effekt aufgefallen. Bei einigen Bildern ist im Hintergrund noch Schnee in der Unschärfe zu erkennen. Beim Blick durch den Sucher sind unter bestimmten Lichtwinkeln einige wenige Male bunte Farbmuster zu erkennen gewesen. Diese waren später auf den Bildern nicht zu sehen. Diese Farbmuster entstehen scheinbar durch Wechselwirkungen zwischen Sucherprisma/Mattscheibe und Fresnel-Linse.
  • Für Landschaftsfotografen stellt das 4/300mm PF eine leichte Televariante dar. Die räumliche Verdichtung ist schon bemerkenswert und es können auch weite Entfernungen überbrückt werden.

Noch näher…
Der Einsatz von Telekonvertern wird oftmals skeptisch betrachtet, da mit ihnen weitere optische Elemente in den Strahlengang gelangen. Allgemein wird daher angenommen, dass sich das Bildergebnis mit diesen Geräten verschlechtert.
Daher testete ich die Kombination Nikon 4/300mm PF plus Telekonverter TC-14E III 1.4X in der Praxis sehr intensiv. Vermutlich lässt sich anhand von Testcharts eine Verringerung der Auflösung feststellen. Diese dürfte aber nur sehr gering ausfallen, denn beim Einsatz der Kombination in praxisrelevanten Entfernungen lässt sich diesbezüglich nichts feststellen.

4/300mm Pf und Telekonverter TC-14E III
Nikon 4/300mm PF mit Telekonverter TC-14E III 1.4X

Mit dem TC-14E III bleibt die Kombination immer noch kompakt und leicht. Immerhin entspricht diese nun einem 5,6/420mm Objektiv mit exzellenter Leistung bei offener Blende.

Der Autofokus bleibt im Konverterbetrieb treffsicher und ausreichend schnell. Ich konnte weder „pumpen“ noch unscharfe Bilder feststellen. Für die Steinböcke wäre ein DX-Kamera etwas zielführender gewesen. Die Bilder sind um etwa 30% beschnitten worden.

Auch das Landschaftsthema ist durchaus einmal ein Versuch mit 420mm wert, denn Kontraste und Farben sind absolut überzeugend.

Fazit
Mein Fazit fällt relativ kurz aus. Das Nikon 300mm 1:4E PF ED VR wurde in Internetforen kontrovers diskutiert und die scheinbaren Schwächen der Technologie wurden dabei gerne herausgestellt.
In der Praxis bleibt von denen aber nichts übrig, lediglich die Stärken dieses Objektives bereiten mir sehr viel Freude. Offensichtliche geht das anderen Usern ebenso, denn die Anwendungsberichte von Wildlife- und anderen Fotografen sind eindeutig positiv.
Es bleibt zu hoffen, dass dieses Objektiv nicht nur ein „Einzelstück“ bleibt und noch mehrere andere Konstruktionen folgen werden. Denn was nützt es, wenn die Kammeras immer kompakter und leichter (z.B. spiegellose Systeme) und die Objektive immer schwerer und größer werden.  Mit dem 300mm PF ist mein Fotorucksack nun fast perfekt gefüllt.

Nikon 300 PF
Kompakt, leicht und scharf- selbst mit Telekonverter noch schnell und treffsicher.

Wen interessiert das 300mm 1:4E PF ED VR noch im Netz?

G. Wegner macht einen interessanten Vergleich: 

Photography Life liefert nicht nur Messwerte sondern auch viele Bilder

Michael Clark befasst sich ausführlich mit dem Nikon

Der Wildlife Photographer Richard Peters testete ebenfalls das Objektiv in der Praxis

Stan Trzoniec (auf Shutterbug) testete ausführlich

Link zu Nikon Objektiven

Test einer alternative Stativschelle zur Nikon RT-1 in diesem Blog

8 Gedanken zu „Das Nikon AF-S Nikkor 300mm 1:4E PF ED VR im Test“

  1. Sehr guter Artikel. Bei meiner Entscheidung für oder gegen einen Teleconverter war dieser Artikel sehr hilfreich. Ich nutze das 300 mm bisher ohne Teleconverter an einer D 750 oder D7500 und bin damit außerordentlich zufrieden. Keine 300er Festbrennweite hat bei so einem niedrigen Gewicht ein so schönes Bokeh. Ich kann das 300er uneingeschränkt weiter empfehlen und werde nun den genannten Teleconverter von Nikon dazu ausprobieren…denn manchmal möchte man gern etwas mehr Brennweite ohne das Gewicht zu stark zu erhöhen.

    1. Hallo,
      herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Ich bin immer noch sehr zufrieden mit dem Objektiv, auch im Zusammenspiel mit dem Telekonverter. Ich wünsche Dir viel Spaß mit dieser Kombination.
      Grüße
      Andreas

  2. Hast Du das Objektiv einmal mit dem neuem TC 20 E III von Nikon ausprobiert ?
    Einen Test damit würde mich – und andere – sicher auch interessieren.

    1. Hallo,
      ich hatte den genannten Telekonverter, allerdings bevor ich das 300er kaufte. Den Konverter benutzte ich mit dem Nikon 70-200mm VRII, da musste ich mindestens auf Blende 8 runter, damit die Bilder eine ansprechende Grundschärfe bekamen. Daher habe ich den Telekonverter verkauft und den 1,4er erworben. Damit war ich auch an dem 70-200VRII zufrieden.
      Laut vielen Testberichten soll der TC 20 E III ja sehr gut mit dem Nikon AF-S Nikkor 300mm 1:4E PF ED VR harmonieren. Wenn mir daher einmal ein attraktives Angebot des Konverters über den Weg läuft werde ich diese Kombination sicher ausprobieren und berichten.
      Grüße
      Andreas

      1. Der TC 14 E III funktioniert bestens am 300er und auch am ganz neuen 500er Festbrennweite f 5.6 PF. Nutze ich an einer D500 und bin absolut zufrieden mit den Ergebnissen. Das 500er ist wie das 300er ein Leichtgewicht im Verhältnis zu den Festbrennweiten ohne PF … Der Aitofokus funktioniert beim 300er wie beim 500er perfekt.

        1. Hallo Bernd,
          danke für die Informationen, auch zum 500er. Ich hoffe, ich komme im nächsten Frühjahr dazu, es ausgiebig zu testen. Ich werde dann auf jeden Fall hier berichten.

          Grüße

  3. Das 300mm PF hat viele Stärken – aber auch eine grosse Schwäche. Lichtreflexe bzw. Lichtpunkte – im Gegenlicht, auf dem Wasser – haben eine unschöne harte geringelte und gespaltene Struktur, erzeugt durch die Fresnel-Linse. Es gibt halt keine Wunder in der Physik – nur Gesetzmässigkeiten. Das ist der Grund weshalb ich das ansonsten hervorragende Objektiv nicht gekauft habe.

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