Robert Capa wird oft mit dem Spruch zitiert:„Wenn deine Bilder nicht gut sind, dann bist du nicht nah genug dran“. Schenkt man den Berichten glauben, griff er daher häufig zu einem 35mm Objektiv. Leider bezahlte der Mitbegründer der legendären Fotoagentur „Magnum“ diese Nähe mit seinem Leben, als er 1954 im ersten Indochina Krieg auf eine Mine trat und starb.
Moderne Klassiker
Derzeit entsteht der Eindruck, dass diese Brennweite das 50mm Standartobjektiv langsam verdrängt. Dabei haben beide Brennweiten ihren besonderen Reiz, sind sie doch gleichermaßen für Portraits, Reportage-, Action- und Streetfotografie geeignet.
Classic vs. Milvus?
Das Distagon T* 35mm f/2 wurde von der Firma Carl Zeiss inzwischen durch eine Milvus-Variante abgelöst, deren optischer Aufbau gleich ist. Diese zeigt aber aufgrund der verbesserten Vergütung der Linsen nochmals bessere Kontraste, wodurch der Eindruck einer höheren Schärfe entsteht.
Trotzdem möchte ich Euch die Classic Version vorstellen, da derzeit immer noch neue Objektive bei Händlern und im Netz angeboten werden. Dabei sind die aktuell geforderten Preise für ein Objektiv dieser Qualität sehr attraktiv, zumal die 2/35mm Classic-Objektive relativ selten gebraucht zu finden sind. Dies kann man durchaus als ein Zeichen der hohen Zufriedenheit der Besitzer des Distagons mit der gebotenen Leistung werten.
Das hier schon vorgestellte Zeiss Distagon 25/2,8 ist dem 35er sehr ähnlich. Nebeneinander gestellt, sind die beiden kaum zu unterscheiden, nur ist das 35mm ein klein wenig länger.
Die mechanischen Eigenschaften und die Fertigungsqualität sind wie erwartet sehr hoch. Wie gewohnt erfolgt die Fokussierung mit dem genau richtigen Drehwiderstand rein manuell. So lässt sich die Schärfenebene für ein optimales Bildergebnis punktgenau setzen. An der Nikon D750 ergibt sich eine harmonisch ausbalancierte Kombination, mit der ich stundenlang ermüdungsfrei arbeiten kann.
Bildqualität
Schon die Rohdaten der aufgenommenen Bilder zeigen sehr gut abgestufte und stimmige Farben. Die Kontraste und Mikrokontraste sind hervorragend, damit ist die Grundschärfe des Objektives überzeugend gut. Das Bokeh ist angenehm unauffällig, auch schwierige Hintergründe meistert es problemlos.
Abbildungsfehler spielen fast keine Rolle, insgesamt ist die Abbildungsqualität schon bei Blende 2 gut. Da zeigt sich eine leichte Vignette (ca. 1/2 Blendenstufe) und die tonnenförmige Verzeichnung ist unauffällig, ebenso die leichte Chromatische Aberration.
Abblenden beseitigt die genannten Fehler und hebt die Schärfe über das gesamte Bildfeld an, ab Blende 4 ist die Abbildungsqualität ausgezeichnet.
Bilderbuch
Das Zeiss 2/35mm ist sehr vielseitig einsetzbar und zeigt bei intensiver Nutzung schnell, warum sich 35mm zu einer so beliebten Brennweite entwickelt haben. Es passt eigentlich irgendwie immer und durch die hochauflösenden Sensoren, kann im Notfall durch einen Bildschnitt der Ausschnitt verengt werden.
Zuerst ein (ohne Stativ) aufgenommenes Foto mit Blende 2,0. Bild 1 zeigt die Aufnahme ohne automatische Bildkorrektur durch Lightroom, Bild 2 mit Bildkorrektur und auf Bild 3 seht Ihr das Foto mit Blende 9.
f2 ohne Korrektur
f2 mit Korrektur
f9
Mit einer maximalen Blende von 2.0, kann das Zeiss nicht mit seinen „1,4er“ Konkurrenten mithalten. Wenn Ihr aber gerne mit offener Blende fotografiert, empfehle ich Euch immer einen Graufilter in der Fototasche zu haben. Besonders im Sommer wird das sonst mit der offenen Blende oft nicht funktionieren. Aber mit einem Filterdurchmesser von 58mm sind die passenden Graufilter relativ günstig. Daher könnt ihr durchaus über zwei unterschiedliche Filterdichten nachdenken, die lassen sich dann auch noch kombinieren. Achtet daher auf eine dünne Ausführung, damit Ihr keine Vignette durch Abschattung erzeugt.
Das nächste Bild zeigt, wie gut das Objektiv mit einer problematischen Fotosituation in einer Kirche umgeht. Das kennen wir vermutlich alle, die bunten und großen Kirchenfenster erzeugen Unruhe im Bild und es entstehen sehr große Helligkeitsunterschiede.
Trotzdem wird der Hintergrund durch das Zeiss Objektiv angenehm aufgelöst, die Kontraste werden problemlos beherrscht und die Struktur des Hintergrundes bleibt in der gewünschten Zurückhaltung erkennbar.
Die Schärfe der Säule im Vordergrund ist für f2 sehr gut, denn viele Details der Struktur des Baumaterials sind erkennbar. Abgeblendet legt dass 35mm Zeiss Objektiv dann nochmal zu. Das nächste Bild zeigt wieder eine Aufnahme, die von mir auf den Nahbereich fokussiert wurde. Ich wählte hier Blende 6,3 aus um den Hintergrund etwas deutlicher herauszuarbeiten.
Für einige Leser/-innen dieses Blogs ist ein 35mm Objektiv für Landschaftsfotos eventuell etwas zu wenig weitwinklig. Dennoch sollte Ihr es einfach einmal ausprobieren, diese Brennweite zeigt sich erstaunlich flexibel, zumal sich auch schöne Details herausarbeiten lassen.
Typische Streetfotografie ist natürlich eine klassische Anwendung dieser Brennweite. Fast alle bekannten Fotografen dieser Richtung haben 35mm Objektive benutzt, bzw. benutzen diese Brennweite noch. Zusammen mit dem Zeiss wird dann auch eine DSLR zur „Point and Shoot“ Kamera. Blende eingestellt, den Schärfebereich mit Hilfe der Schärfentiefeskala am Objektiv vorgeben und nur noch auslösen.
Die Vorteile der exakten manuellen Fokussierung zeigen sich besonders, wenn Ihr ein Stativ benutzt. Dabei könnt Ihr auf den Millimeter genau die gewünschte Schärfeebene festlegen. Autofokusobjektive sind dafür nicht ausgelegt. Ich nehme beim Stativeinsatz immer die Fokuslupe als Einstellhilfe, besonders mit dem klappbaren Display der D750 eine schöne Möglichkeit entspannt die Einstellung vorzunehmen.
Fazit
Die Firma Carl Zeiss beschreibt das 2/35mm Milvus auf ihrer Webseite als „vielseitigen Reporter“. Das gilt genauso für die hier vorgestellte Classic Version, denn damit ist das Wesen dieses Objektives auf den Punkt gebracht. Und das gefällt mir an diesem Objektiv besonders- die Vielseitigkeit.
Die für die Classic Reihen der Firma Zeiss typischen Eigenschaften wie
- Abbildungsleistung
- Verarbeitung
- Zuverlässigkeit
- Haptik
finden sich auch bei diesem Objektiv wieder. Wenn die letzten neuen Exemplare vom Markt verschwunden sind, könnt Ihr aber sorglos zur Milvus-Variante wechseln, die Ergebnisse werden genauso überzeugend sein.
Wen interessiert das Zeiss Distagon T* 2,0/35 noch im Netz?
Photographylife befasset sich ausführlich mit dem Objektiv:https://photographylife.com/reviews/zeiss-distagon-35mm-f2-zf2/
Photozone hat es getestet (in der ZF-Version, ich nutze die ZF.2 Version):http://www.photozone.de/nikon_ff/587-zeisszf3520ff
Webseite des Herstellers:https://www.zeiss.de/camera-lenses/fotografie.html