Zeiss Milvus 1,4/50mm

Ein Blick auf die Internetseiten von Zeiss zeigt, wie rasant der Hersteller seine Objektivlinien entwickelt. Alle Objektive folgen konsequent der neuen Designsprache und unterscheiden sich damit äußerlich deutlich von den bisherigen Classic Objektiven.

Viele dieser Objektive wurden unverändert in die Milvus Reihe überführt, lediglich äußeres Design und die Vergütung der optischen Elemente wurden dem neusten Stand angepasst (so ein Zeiss Mitarbeiter auf meine Nachfrage).
Als Folge nahm Zeiss die entsprechenden Classic Objektive aus dem Programm- bis auf zwei Ausnahmen. Die Planare 1,4/50mm und 1,4/85mm wurden nicht in die Milvus Reihe überführt und blieben bisher als Classic Ausführung erhalten.
Beide Objektive wurden vollständig neu berechnet und das 1,4/50mm ergänzt nun die Milvus Reihe als Distagon Rechnung. Dieses Konstruktionsprinzip hat einige Vorteile gegenüber dem klassischen Planardesign. Besonders die Schärfe bei offener Blende und im Nahbereich gewinnt deutlich, zudem besteht der konstruktionsbedingte starke Unterschied in der Scharfzeichnung zwischen Bildmitte und Bildrand nicht mehr.

Die Milvus Reihe wurden nicht nur äußerlich weiter entwickelt, sondern auch für den Einsatz außerhalb des Studios optimiert. Die Gehäuse werden weiterhin ganz aus Metall gefertigt, sind nun aber mit speziellen Dichtungen gegen Staub und Spritzwasser geschützt.

Auffällig ist der Fokusring aus Gummi. Dieser vermittelt zunächst ein etwas anderes Gefühl als der gewohnte Metallring und lässt sogar anfänglich Zweifel und Gedanken an eine Verschlechterung aufkommen. Diese Gedanken verschwinden schon nach einer kurzen Eingewöhnungsphase und weichen der Überzeugung einer hervorragenden Praxistauglichkeit. Der Gummiring ist extrem griffig und ermöglicht im Zusammenspiel mit dem etwas höheren Drehwiderstand eine äußerst exakte Fokussierung. In dieser Disziplin glänzten die Classic Objektive ja schon immer, aber nach einigen Wochen im Einsatz muss ich dem Milvus 1,4/50mm die noch besseren Eigenschaften bezüglich der Fokussierung konstatieren. Durchmesser, Griffigkeit und Drehwiderstand sind einfach perfekt.
Erwähnenswert ist für die Nikon Versionen (diese besitzen ja noch einen Blendenring), die De-Click Funktion. Mittels eines dem Objektiv beigelegten Schlüssels, lässt sich diese aktivieren und die Blende kann z.B. bei Videoaufnahmen stufen- und geräuschlos verstellt werden. Das ganze ist sehr praxistauglich umgesetzt, es zeigt sich beim Verstellen der Blende kein nennenswerter Widerstand.

Fotopraxis
Wie schlägt sich das Milvus 1,4/50mm nun in der Praxis? Zuerst fällt einmal das hohe Gewicht auf. In der Nikon Version sind dies immerhin 875g, die wollen sicher in der Hand liegen. Hier zeigt sich ein Vorteil der neuen Zeiss Designsprache, das Objektiv liegt sehr gut in der Hand, der Fokusring kann entspannt gedreht werden und ermüdungsfreies Arbeiten über einen längeren Zeitraum ist problemlos möglich.
Und was man zu sehen bekommt, ist durchaus überzeugend. Schon bei offener Blende zeigt das Milvus eine ausgezeichnete Schärfe, ohne dabei die Unschärfe im Hintergrund zu vernachlässigen. Dieses sogenannte Bokeh eines Objektivs wird bekanntermaßen unterschiedlich beurteilt, jedoch führt das konstruktive Beseitigen von Objektivfehlern oft zu einem eher harten Bokeh. So zeigen viele lichtstarke 50mm Objektive deutliche Farbsäume an Kontrastkanten, wie zum Beispiel das 1,4/50 Zeiss Planar, das 1,4/50 Nikon oder besonders deutlich das 1,4/58mm Nikon. Dafür entsteht aber ein besonders weiches Bokeh im Bereich der offenen Blende.
Nachfolgend einige Bilder, die mit Blende 1,4 aufgenommen wurden. Die Leistungsfähigkeit des Objektives kann man deutlich erkennen.

Wie alle lichtstarken Objektive zeigt das Zeiss Milvus bei vollständig geöffneter Blende eine Vignette. Sofern unerwünscht, lässt sich diese leicht beseitigen. Nachfolgend ein Bild bei Blende 1,4- einmal ohne herausgerechnete Vignette und dann mit angewendeter Lightroom Profilkorrektur. Sehr deutlich sieht man an den Bildern des Krans, wie gut das Milvus schon bei offener Blende auflöst.

Abblenden steigert erwartungsgemäß die Leistung über das ganze Bildfeld.

Alle hier gezeigten Aufnahmen erfolgten ohne Stativ aus der Hand. Das Objektiv besitzt keinen Autofokus, somit wurde immer über den Sucher einer 24 MP Nikon D750 scharf gestellt. Die Live-View Funktion benutze ich bei solchen Aufnahmen nie, das ist unpraktisch und dauert zu lange. Mit etwas Übung sitzt die Schärfe immer da, wo der Fotograf/die Fotografin diese haben will.
Bei der Nikon hilft anfänglich der vorhandene Schärfeindikator, ich habe zusätzlich noch eine Mattscheibe mit Schnittbild eingebaut. Der Keil ist hauptsächlich im Nahbereich sinnvoll einzusetzen und der vorhandene Mikroprismenring kann bei ungleichmäßigen Strukturen helfen. Es geht aber auch mit der vom Hersteller vorgesehenen Mattscheibe sehr gut.

Fazit
Zeiss hat mit dem Milvus 1,4/50mm eine sehr gutes Objektiv geschaffen. Es vereint viele gute Eigenschaften des bisherigen Planar-Designs mit den guten Eigenschaften des Distagon-Designs. Das Objektiv ist schon bei offener Blende voll nutzbar, auch im Nahbereich problemlos einsetzbar und von ausgezeichneter Schärfe. Das alles bei zeisstypischer Verarbeitung und annehmbaren Preis. Wen der fehlende Autofokus nicht stört, kommt am Zeiss Milvus nicht vorbei.

Wen interessiert das Zeiss Milvus noch im Netz?
The Phoblographer hat einen ausführlichen Bericht (an einer Canon EOS 6D) mit sehr vielen Bildern erstellt.

Ansonsten finden sich bei Flickr einige Gruppen zu diesem Objektiv, einfach einmal danach suchen

2 Gedanken zu „Zeiss Milvus 1,4/50mm“

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